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4.3 Diabetisches Fußulcus

4.3 Diabetisches Fußulcus

Laut Expertenstandard Pflege von Menschen mit chronischen Wunden werden in Deutschland mehr als 6 Millionen Menschen mit der Diagnose Diabetes mellitus behandelt. Da immer mehr Diabetiker mit ihrer Krankheit immer länger leben, haben demzufolge auch die diabetesbedingten Spätschäden zugenommen.

Das diabetische Spätsyndrom kann sich in Mikroangiopathie (diabetische Nephro- und Retinopathie, somatische Mikroangiopathie), Polyneuropathie (sensomotorische und autonome Neuropathie, Mononeuropathie) und Makroangiopathie (Koronarsklerose/IHK, Cerebralsklerose/CVI, Beinarteriensklerose/pAVK) manifestieren und führt zum diabetischen Fußsyndrom. Der diabetische Fuß hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem Schwerpunkt in der Diabetesbehandlung entwickelt, der mit mindestens 20% der gesamten Behandlungsaufwendungen einen erheblichen Kostenfaktor darstellt.

Formen der diabetischen Fußulcera sind
• der infizierte neuropathische Fuß,
• der ischämisch-gangröse Fuß bei pAVK,
• der infizierte Fuß bei diabetischer Polyneuropathie und pAVK
• die Fußinfektion bei schlechter diabetischer Stoffwechsellage, ohne dass eine relevante Neuro- oder Angiopathie nachgewiesen werdenkonnte.

Die Behandlung einer diabetischen Fußläsion erfordert Geduld und Erfahrung. Die Therapie der Grundkrankheit, d.h. die Einstellung des Diabetes mellitus beispielsweise mit einer intensivierten Insulintherapie, erhöht die Effizienz der Infektionsbehandlung und senkt die sekundäre Erhöhung der Blutlipide, vor allem die des viskositätserhöhenden LDL sowie des Fibrinogens. Weiter muss das Ulcus oder die Gangrän entlastet werden.

Eine initial gründliche Wundreinigung und Sanierung des Wundgebietes ist der schnellste und sicherste Weg zur Infektionseindämmung und Sanierung der Wunde. Meist geschieht dies durch chirurgisches sowie physikalisches Debridement mittels spezieller Verbandstoffe.

Konditionierung und Aufbau des Granulations- und später des Epithelgewebes erfolgt mit feuchter Wundbehandlung.

Um es gar nicht erst so weit kommen zu lassen, muss der Patient unbedingt zur Pflege und vor allem zur täglichen Inspektion seiner Füße angehalten werden. „Die lebenslange Durchführung strukturierter Maßnahmen zur Rezidivvermeidung durch Beherrschung der belastenden Auslöser ist daher ein wesentlicher Bestandteil der erfolgreichen Betreuung von Menschen mit diabetischem Fuß“ (D. Hochlenert, G. Engels, S. Morbach, Das diabetische Fußsyndrom, 2014)

Klassifikation der Fußulzerationen nach Wagner / modifiziert nach Armstrong

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A Prä- oder postulzerativer Fuß Oberfläch-
liche Wunde
Wunde bis Gelenkkapsel, Sehne, Knochen Wunde bis Knochen und Gelenke Nekrose von Fußteilen Nekrose des gesamten Fußes
B mit Infektion mit Infektion mit Infektion mit Infektion mit Infektion mit Infektion
C mit Ischämie mit Ischämie mit Ischämie mit Ischämie mit Ischämie mit Ischämie
D mit Infektion und Ischämie mit Infektion und Ischämie mit Infektion und Ischämie mit Infektion und Ischämie mit Infektion und Ischämie mit Infektion und Ischämie

Tabelle aus: S3-Leitlinie 091-001 „Lokaltherapie chronischer Wunden bei den Risiken CVI, PAVK und Diabetes mellitus.

 

Der Auszug aus einer Studie über die Anwendung von LIGASANO® weiß als Primärwundverband bei diabetischen Fußläsionen von Dr. med. Carola Zemlin, Internistin/Diabetologin, zeigt Behandlungsmöglichkeiten. Die Publikation wurde auch in der Zeitschrift Lazarus (16. Jg., Heft 18, Sept. 2001, ab Seite 24) veröffentlicht.

„Das Diabetes-Fuß-Syndrom gehört zweifellos zu den folgenschwersten Diabeteskomplikationen: Hohe Amputationsraten, hohe Kosten für die Krankenkassen und erhöhte Zuzahlungen für die Betroffenen, lange Krankenhausaufenthalte, Arbeitsausfallzeiten und/oder Frühinvalidität, Angewiesensein auf Fremdhilfe, Immobilität, eingeschränkte Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, Frustration, Hoffnungslosigkeit - all das assoziieren wir zunächst mit der Problematik „diabetischer Fuss“. Inzwischen hat jedoch infolge von publizierten Erfahrungen von Diabetes-Fuss-Ambulanzen in den USA, in England und Skandinavien, auch in Deutschland ein Umdenken, ein Paradigmenwechsel eingesetzt.

Dabei zeigte sich, dass interdisziplinäre Betreuungskonzepte, strukturierte Diagnostik und Therapie sowie „life-long foot care“ bei Risikopatient(inn)en die eingangs geschilderte Situation signifikant verbessern können. Dabei gilt es, obsolete Lehrmeinungen und Klischees („Diabetische Füsse heilen nicht oder schlecht, daher am besten gleich hoch amputieren“) ebenso über Bord zu werfen wie ungezielte, teure (!) Polypragmasien der lokalen Wundbehandlung und inadäquate Orthopädie-Schuhtechnik.

Und es gilt andererseits, ständig nach effektiven, biologisch verträglichen und gleichzeitig kostengünstigen Wundauflagen zu suchen, um eine möglichst hohe Zahl von Patienten ohne hohen Kostendruck versorgen zu können. Der folgende Beitrag beschäftigt sich im weitesten Sinne mit der Wundbehandlung bei Patienten mit DFS, im engeren Sinne mit der Anwendung von LIGASANO® weiß Schaumstoff bei Wunden bzw. Wundheilungsstörungen o.g. Patienten.

1. Patienten und Methoden:

Im Zeitraum von März 1998 bis Januar 2000 wurden 15 Patienten (12 männlich, 3 weiblich) im Durchschnittsalter von 54 Jahren behandelt. Erfasst wurden:

  • Art der Läsion:
    Wundheilungsstörungen nach Amputationen/Resektionen, Fersenulcera, Malum perforans, Wunden nach Sequesterdurchtritt bei diabetischer Neuro-Osteo-Arthropathie = DNOAP (syn. Charcot-Fuss)
  • Ausdehnung der Wunde (WAGNER-Stadien) und Wundphase
  • Klassifikation nach ARLT (A=pAVK, B=Polyneuropathie, C=A+B= Mischtyp)
  • Dauer des Bestehens der Wunde
  • Methoden der Vorbehandlung
  • Krankenhaustage der Vorbehandlung (Krankenhäuser anonym)
  • stattgefundene Amputationen am gleichen oder kontralateralen Bein
  • Krankenhaustage der aktuellen Behandlung
  • Methoden der aktuellen Behandlung
  • Zahl der ambulanten Konsultationen
  • Heilungsdauer unter der aktuellen Therapie
  • Verbandwechsel

Neben tabellarischen Übersichten wurden detaillierte Fallbeschreibungen mit Fotodokumentation über jeden behandelten Patienten angefertigt.

 

2. Ergebnisse und Zusammenfassung:

Die Ergebnisse (siehe Tabelle) sprechen für sich. Angaben über den Arbeitsausfall erübrigten sich, da alle Patienten bereits berentet oder invalidisiert waren.

LIGASANO® weiß Polyesterschaumstoff setze ich bereits seit 1994 bei der Wundbehandlung ein. Vorgestellt wurde mir das Material erstmals von Herrn Rettig, einem Krankenpfleger und passionierten Wundtherapeuten aus Lüchow-Dannenberg. Nach und nach lernte ich die vielseitigen Einsatzmöglichkeiten von LIGASANO® weiß kennen und schätzen.

Es hat hervorragende Eigenschaften als Polstermaterial über Regionen mit hoher Druckbelastung (Fersen, Fussränder, plantar bei Malum perforans, interdigital, Zehenkuppen) und ist zum anderen sehr hilfreich bei der sanften Wundreinigung (soft debridement). Dabei wird LIGASANO® weiß mit Ringerlösung getränkt und die Wunde gesäubert. Wegen des hohen Reibungswiderstandes von LIGASANO® weiß werden nekrotische Beläge und Zelldetritus schonend von der Wunde entfernt. Das oft noch in der Literatur empfohlene Debridement mit steriler Zahnbürste ist damit entbehrlich.

Als Primärwundverband setzen wir LIGASANO® weiß seit etwa zwei Jahren ein und und waren überrascht von seiner sekretions- und granulationsfördernden Wirkung! Dass gerade bei tiefen Wunden LIGASANO® weiß offensichtlich Alginaten und Hydrokolloiden überlegen ist, liegt vor allem an seiner gezielten Kapillarwirkung.

Für die Anwendung von LIGASANO® weiß bei tiefen Wunden schneiden wir das Material in verschiedenen Größen zurecht und schweißen es ein. Die anschließend dampfsterilisierten Streifen werden für die häusliche Wundbehandlung ausgegeben. Wenn der Verbandwechsel nicht von den Pflegediensten, sondern vom Patienten oder Angehörigen durchgeführt wird, verordnen wir sterile Einmal-Pinzetten.

Schließlich verwenden wir LIGASANO® weiß auch als Sekundärwundverband zur Polsterung über jedem Wundverband, sozusagen als oberste Schicht, da für die Wundheilung auch ein sanfter Drainagedruck und Wärme nötig sind. Für diesen Zweck sind LIGASANO® weiß Binden hervorragend geeignet.

Neben den angeführten vielseitigen Einsatzmöglichkeiten von LIGASANO® weiß sind die vergleichsweise geringen Kosten des Materials (siehe Tabelle) ein weiterer großer Vorteil. Aus diesem Grund gehört LIGASANO® weiß zu einem unverzichtbaren Bestandteil der Verbandsmittel unserer Fußambulanz.

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